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  • Beitrag zuletzt geändert am:06.04.2021
  • Beitrags-Kategorie:Chemie
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Als Elektrolyt wird eine in der Regel flüssige Substanz bezeichnet, welche beim Anlegen eines elektrischen Feldes den elektrischen Stromdurch die gerichtete Bewegung von Ionen zu leiten vermag (Ionenleiter). Ionisierte Gase und Plasmen, die ebenfalls Ionenleiter sind, werden nicht zu den Elektrolyten gezählt. Im Gegensatz dazu ist die elektrische Leitfähigkeit von Metallen durch das freie Elektronengas im Metallverbund gegeben.

Der Begriff der elektrolytischen Dissoziation wurde von Arrhenius eingeführt und bezeichnet den Zerfall einer Substanz in positiv und negativ geladene Ionen (Kationen und Anionen), wenn diese in ein Lösungsmittel eingebracht wird. Die Stärke von Elektrolyten wird über den Dissoziationsgrad α definiert (α ∈ [0;1]) und gibt den Bruchteil der dissoziierten Moleküle zu den insgesamt gelösten Molekülen an. Starke Elektrolyte sind vollständig dissoziiert, hierzu gehören zum Beispiel die meisten Salze in wässriger Lösung. Dementsprechend werden Substanzen, die nicht vollständig dissoziieren, als schwache Elektrolyte bezeichnet (zum Beispiel Ameisensäure). Eine weitere Unterscheidung der Elektrolyte erfolgt durch den Bildungsmechanismus der Ionen. Bei Salzen liegen bereits im Kristallgitter Ionen vor, deren geometrische Ordnung beim Lösen in einem Lösungsmittel bzw. beim Schmelzen zerstört wird und bewegliche Ionen entstehen – die echten Elektrolyte. Als potentielle Elektrolyte werden hingegen Substanzen bezeichnet, die erst durch eine chemische Reaktion mit dem Lösungsmittel Ionen bilden. Beispielsweise reagiert der gasförmige Chlorwasserstoff (HCl) beim Einleiten in Wasser mit demselben unter Bildung von Chloridanionen (Cl) und Oxonium-Kationen (H3O+), der Salzsäure. Säuren, Basen und Salze stellen somit die wichtigsten Elektrolyte dar.

In der Säure-Base-Definition von Arrhenius sind Säuren Substanzen, bei denen in wässriger Lösung durch Dissoziation positive Wasserstoff-Ionen H+ und Basen diejenigen Substanzen, bei denen in wässriger Lösung negative Hydroxid-Ionen OH gebildet werden. Eine Erweiterung erfuhr das Säure-Base-Konzept 1923 durch Brønsted und Lowry. Hier werden allgemeiner Protonendonoren als Säuren und Protonenakzeptoren als Basen definiert. Dies bietet die Möglichkeit, das Säure-Base-Konzept auch auf andere protonenhaltige Lösungsmittel wie flüssigen Ammoniak (NH3) zu übertragen. Für Aquasysteme, auf die nachfolgend nur eingegangen werden soll, unterscheidet sich die Brønsted-Lowry-Definition nicht wesentlich von der Arrhenius-Definition. Da freie Wasserstoff-Ionen nicht in wässriger Lösung vorliegen, dissoziiert die Säure unter Abgabe von Wasserstoff an das Wasser (Wasserprotonierung) und es bilden sich die Oxonium-Ionen (H3O+). Aufgrund der Polarität von Wasser liegen diese in hydratisierter Form als Hydronium-Ion [H3O(H2O)3]+ vor, die ihrerseits hydratisiert sind.1

Ein Maß für die Stärke einer Brønsted-Säure HA ist die Säuredissoziationskonstante KS (oder Aciditätskonstante Ka), die der Massenwirkungskonstante der Protolysereaktion entspricht:

    \[HA + H_2 O \rightleftharpoons H_3 O^+ + A^- \quad;\quad K_S = \frac{a_{H_3 O^+} \cdot a_{A^-}}{a_{HA} \cdot a_{H_2 O}}\]

Dabei sind mit aX die effektiven Konzentrationen (Aktivität) bezeichnet, welche bei geringen Konzentrationen durch die molaren Konzentrationen cX ersetzt werden können.2  Analog kann dies für Brønsted-Basen durchgeführt werden. Praktikabler ist die Darstellung als negativer dekadischer Logarithmus3:

    \[\mathrm{pK_S} := -\log\left(K_S\right) \quad;\quad \mathrm{pH} := -\log\left(c_{H_3 O^+} \right) \quad;\quad \mathrm{pOH} := -\log\left(c_{OH^-}\right)\]

Für starke Säuren (siehe Tabelle 1) ist pKS < 0 und das Gleichgewicht der Protolysereaktion in (1) zur rechten Seite verschoben.

HCl-7,0HNO3-1,37
HCOOH3,75CH3COOH4,76
H2O15,74CH3OH16,0
Tabelle 1: Säuredissoziationskonstanten (pKS) in wässriger Lösung bei 25 °C
H3O+349,8Mg2+53,1
Li+38,7OH198
K+73,5NO371,4
Tabelle 2: Ionenleitfähigkeiten λ± bei 25 °C in S cm2 mol-1 (aus Riedel und Janiak4)

Die elektrische Leitfähigkeit σ einer Elektrolytlösung wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Sowohl Kationen als auch Anionen tragen zum Ladungstransport bei, so dass einerseits die Konzentration c des Elektrolyten und andererseits der Dissoziationsgrad α die Leitfähigkeit beeinflussen. Zweckmäßig wird die molare Leitfähigkeit eingeführt und über λm = σ/c definiert (übliche Einheit: S cm2 mol−1). Weiterhin wird die Leitfähigkeit durch die Beweglichkeit des Ions in der Lösung bestimmt. Neben der Viskosität des Lösungsmittels wird die Beweglichkeit bei zunehmender Konzentration des Elektrolyten durch die Wechselwirkung der Ionen untereinander eingeschränkt. Nur bei sehr verdünnten Lösungen, die als ideale Lösungen angesehen werden können, gilt das Kohlrausch-Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung, bei dem sich die Leitfähigkeit aus der Summe der Ionenleitfähigkeiten λ± zusammensetzt (λ0m = λ+ + λ). Zusätzlich führt ein größerer Ionenradius zu einer geringeren Beweglichkeit. Bei kleinen Ionen muss berücksichtigt werden, dass diese stärker hydratisiert werden und somit einen größeren eff ektiven Radius besitzen. Daher haben Lithiumionen eine geringe Beweglichkeit als Kaliumionen (siehe Tabelle 2).5 Auffällig ist, trotz der Hydratisierung und des damit großen effektiven Radius, die hohe Ionenleitfähigkeit der Oxonium- und Hydroxidionen. Dieses Verhalten wird durch den Grotthus’schen Sprungmechanismus erklärt, wobei sich nicht das Ion selbst bewegt, sondern der Ionentransport durch Umlagern von Wasserstoffbindungen in einer Kette von Wassermolekülen stattfindet. Protonenübergänge dieser Form verlaufen sehr schnell, die Lebenszeit eines Oxoniumions liegt bei nur 10−13 s, bevor es eines seiner drei Protonen an ein umgebendes Wassermolekül abgibt6.

Fußnoten

[1] Holleman, F.; Wiberg, E.; Wiberg, N.: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyther & Co. KG Berlin, 2007. – ISBN 978-3-11-017770-1
[2] Da die molare Konzentration von Wasser annähernd konstant ist, wird diese mit in die Konstante gezogen.
[3] Da der Logarithmus nur von dimensionslosen Größen bestimmt werden kann, müssen die Konzentrationen zunächst formal durch 1 mol/L geteilt werden.
[4] Riedel, E. ; Janiak, C.: Anorganische Chemie. 7. Walter de Gruyter GmbH & Co. KG Berlin, 2007. – ISBN 978-3-11-018903-2
[5] Atkins, P.W.: Physikalische Chemie. 2. korr. Nachr. der 1. Auflage. VCH Verlagsgesellschaft mbH Weinheim, 1990. – ISBN 3-527-25913-9
[6] Holleman, F.; Wiberg, E.; Wiberg, N.: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyther & Co. KG Berlin, 2007. – ISBN 978-3-11-017770-1