Potential von Metallen in eindimensionaler Näherung


Kurze Betrachtungen aus der Festkörperphysik

In der folgenden Betrachtung sollen die Reflexions- und Transmissionswahrscheinlichkeiten von Elektronen an der Grenze zwischen Metall und Vakuum näher untersucht werden, wobei für das Potential von Metallen eine eindimensionale Näherung verwendet wird.

Die Leitungselektronen in Metallen werden durch ein durchschnittliches Potential, das sogenannte innere Potential, im Metall gehalten. In der eindimensionalen Näherung lässt sich das Potential gut durch

$$ V(x) = \begin{cases} -V_0 & x < 0 \quad \text{(Metall)} \ 0 & x \geq 0 \quad \text{(Vakuum)} \end{cases} $$

beschreiben (siehe Abbildung). Nähert sich ein Elektron mit der Energie E der Metalloberfläche, so kann dieses entweder an der Grenzfläche reflektiert werden oder die Grenzfläche überwinden und vom Metall ins Vakuum bzw. vom Vakuum ins Metall übergehen. Als Reflexionskoeffizient R wird dabei das Verhältnis der Amplitudenquadrate der einlaufenden und reflektierten Wellenfunktion bezeichnet, der Transmissionskoeffizient T ist definiert als T = 1 - R.

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Betrachtung von Leitungselektronen

Fall 1: E > 0

Nähert sich ein Elektron des Metalls (Leitungselektron) der Metalloberfläche mit einer Energie E > 0, so tritt kann dieses entweder reflektiert oder transmittiert (Übergang ins Vakuum) werden. Die Wahrscheinlichkeiten bzw. die jeweiligen Reflexions- und Transmissionskoeffizienten hierfür sollen nachfolgend berechnet werden, wofür die eindimensionale Schrödingergleichung

$$ -\frac{\hslash^2}{2m} \derivative[2]{\Psi}{x} + E_{pot}\Psi = E\Psi $$

benötigt wird. Als Bereich I wird im Folgenden der Bereich im Metall, als Bereich II derjenige im Vakuum bezeichnet.

  • Bereich I
    Hier gilt: $E_{pot} = -V_0$, $E_{ges} = E > 0$ und die Schrödingergleichung für diesen Bereich lautet: $$ \begin{align} -\frac{\hslash^2}{2m} \derivative[2]{\Psi}{x} -V_0 \Psi & = E\Psi \\ \derivative[2]{\Psi}{x} + \underbrace{\frac{\left(V_0 + E\right)2m}{\hslash^2}}_{=\alpha^2} \Psi & = 0 \end{align} $$ Als Lösungsansatz wird $$ \Psi_I(x) = Ae^{i\alpha x} + Be^{-i\alpha x} $$ gewählt, wobei $Ae^{i\alpha x}$ die nach rechts laufende und $Be^{-i\alpha x}$ die nach links laufende (reflektierte) Welle bezeichnet.
  • Bereich II:
    Hier gilt $E_{pot} = 0$ und $E_{ges} = E > 0$, so dass die Schrödingergleichung für diesen Bereich $$ \begin{align} -\frac{\hslash^2}{2m} \derivative[2]{\Psi}{x} & = E\Psi \\ \derivative[2]{\Psi}{x} + \underbrace{\frac{2mE}{\hslash^2}}_{=\beta^2}\Psi & = 0 \end{align} $$ lautet. Verwendung des selben Lösungsansatzes wie im Bereich I liefert $$ \Psi_{II}(x) = Ce^{i\beta x} + De^{-i\beta x} $$ wobei $D = 0$, da ein Teilchen im Bereich II nicht reflektiert werden kann.

Berücksichtigt man die Randbedingungen (Anschlussbedingungen für beide Wellenfunktionen)

  1. $\Psi_I(x=0) = \Psi_{II}(x=0)$ und führt zu $A + B = C + D$.
  2. $\left.\derivative{\Psi_{I}(x)}{x}\right|_{x=0} = \left.\derivative{\Psi_{II}(x)}{x}\right|_{x=0}$ (damit die zweite Ableitung existiert, muß die erste Ableitung stetig sein). Differentation liefert $A i \alpha - Bi\alpha = Ci\beta - Di\beta$
  3. $D=0$

so kann man daraus schließen, dass

  1. Aus 1. und 3. folgt: $A + B = C$
  2. Aus 2. folgt: $\alpha(A-B) = \beta C$ und somit $$ A - B = \frac{\beta}{\alpha} (A+B) \quad\Rightarrow\quad B\left(\frac{\beta}{\alpha}+1\right) = A\left(1-\frac{\beta}{\alpha}\right) \quad\Rightarrow\quad B = A\frac{\alpha-\beta}{\alpha + \beta} $$
  3. Mit a) und b) folgt: $$ C = A + B = A\left(1 + \frac{\alpha-\beta}{\alpha+\beta}\right) = A\frac{2\alpha}{\alpha + \beta} $$

Einsetzen von $B$ und $C$ in die Lösungsansätze liefert:
\begin{align}
\Psi*{I}(x)
& = Ae^{i\alpha x} + A\frac{\alpha-\beta}{\alpha+\beta}e^{-\alpha x} \\
\Psi*{II}(x)
& = A\frac{2\alpha}{\alpha + \beta} e^{i\beta x}
\end{align}
mit $\alpha = \frac{1}{\hslash}\sqrt{2m\left(V_0 + E\right)}$ und $\beta = \frac{1}{\hslash}\sqrt{2Em}$, wobei $\alpha,\beta \in \mathbb{R}$, da die Amplitude oszilliert.

Der Reflexionskoeffizient $R$ beträgt damit:

$$ R = \frac{\abs{\text{reflektierte Welle}}^2}{\abs{\text{einlaufende Welle}}^2} = \frac{\abs{A\frac{\alpha - \beta}{\alpha + \beta} e^{-i\alpha x}}^2}{\abs{Ae^{i\alpha x}}^2} = \abs{\frac{\alpha-\beta}{\alpha + \beta}}^2 = \left(\frac{\alpha-\beta}{\alpha + \beta}\right)^2 \quad\text{(da $\alpha,\beta \in \mathbb{R}$)} $$

und der Transmissionskoeffizient $T$:

$$ T = 1 - R = \underbrace{1^2 - \left(\frac{\alpha - \beta} {\alpha + \beta} \right)^2}_{\text{Binomische Formel}} = 4\frac{\alpha\beta}{\left(\alpha + \beta\right)^2} $$

Fall 2: E < 0

Nähert sich ein Elektron des Metalls (Leitungselektron) der Metalloberfläche mit einer Energie -V0 < E < 0, so kann in der klassischen Betrachtung das Elektron nicht das Metall verlassen. Für die Berechnung des Reflexions- und Transmissionskoeffizienten im Fall E < 0 kann das Ergebnis aus dem vorherigen Abschnitt weiterverwendet werden und man erhält

$$ \begin{align} \Psi_I(x) & = A\left(e^{i\alpha x} + \frac{\alpha - \beta}{\alpha + \beta} e^{-i\alpha x}\right) \\ \Psi_{II}(x) & = A\frac{2\alpha}{\alpha + \beta}e^{i\beta x} \end{align} $$

mit $\mathbb{R} \ni \alpha = \frac{1}{\hslash}\sqrt{2m(V_0 + E)}$ und $\mathbb{C} \ni \beta = \frac{1}{\hslash}\sqrt{2Em}$, da $E < 0$. Setzt man $i\tilde{\beta} = \frac{i}{\hslash}\sqrt{2\abs{E}m}$ für $\tilde{\beta} \in \mathbb{R}$, so erhält man für $\Psi_{II}(x)$:

$$ \Psi_{II}(x) = A\frac{2\alpha}{\alpha + \beta}e^{-\frac{1}{\hslash}\sqrt{2\abs{E}m}x} $$

und $\abs{\Psi_{II}(x)}^2$ nimmt exponentiell ab.

Für den Reflektionskoeffizienten folgt:

$$ R = \frac{\abs{A}^2 \abs{\frac{\alpha - \beta}{\alpha + \beta}}^2 \abs{e^{-i \alpha x}}^2}{\abs{A}^2 \abs{e^{i\alpha x}}^2} = \abs{\frac{\alpha - \beta}{\alpha + \beta}}^2 = \abs{\frac{\alpha - i\tilde{\beta}}{\alpha + i\tilde{\beta}}}^2 = \left(\frac{\alpha - i\tilde{\beta}}{\alpha + i\tilde{\beta}}\right)\left(\frac{\alpha + i\tilde{\beta}}{\alpha - i\tilde{\beta}}\right) = 1 $$

Das Teilchen dringt etwas ein, nimmt dann exponentiell ab und wird dann reflektiert (Totalreflektion).

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